Historie und Fiktion: Was stimmt denn nun? Die Repräsentation von Geschichtstheorie in britischen Romanen des 21. Jahrhunderts
22.07.2014 von 18:00 bis 20:00
Manja Kürschner, Doktorandin am Englischen Seminar
Die britische Autorin A.S. Byatt hat in ihrer Aufsatzsammlung On
Histories and Stories im Jahr 2000 eine entscheidene Frage gestellt: „Why
has history become imaginable and important again? Why are these books not
costume drama or nostalgia?“ Im Jahr 2014 wird aller Kritik und Skepsis
zum Trotz weiterhin Historisches im Rahmen von Fiktion präsentiert, obwohl wir
spätestens seit Immanuel Kant wissen, dass wir unsere Welt – und damit auch
unsere vergangene Lebenswirklichkeit – konstruieren. Seit der Erkenntnis, dass
wir weniger als ein Prozent des elektromagnetischen Spektrums wahrnehmen, steht
die Frage im Raum, wie weiterhin ernsthaft angenommen werden kann, dass das,
was wir wahrnehmen, der Realität außerhalb unserer Wahrnehmung entspricht;
geschweige denn, dass die vergangene Lebenswirklichkeit durch
Zeitzeugenberichte und Geschichtsschreibung unversehrt überliefert werden
könne. Und dennoch: der Drang, Fakten von Fiktionen zu trennen, hält und treibt
an. Metahistoriografische Romane des 21. Jahrhunderts setzen sich mit den
Defiziten und Potentialen zeitgenössischer Geschichtsschreibung auseinander und
nutzen die besonderen erzählerischen Mittel der Fiktion, um über Geschichte
nachzudenken.